Las Vegas war seinerzeit noch nie sonderlich bekannt für Diversität beim Angebot elektronischer Musik. Die Retortenstadt gilt zwar als Magnet für Touristen aus der ganzen Welt, aber darunter finden sich nicht die üblichen Besucher, die auch nach Berlin, London, New York oder Detroit fliegen, um den Wurzeln der House- und Technomusik auf die Spur zu kommen. Trotzdem hat es Las Vegas in den letzten Jahren geschafft, eine eigene Nische zu bedienen: EDM.
Der etwas verfälschte Begriff EDM steht für “Electronic Dance Music” - also Elektronische Tanzmusik -, meint aber heute nicht mehr alles, was man betanzen kann, sondern einen ganz bestimmten Hybrid aus Dubstep-, Trance- und Hip Hop Elementen, der seit 2012 immer populärer bei der Generation U-25 wurde.
Angeleitet von großen Namen wie Avicii und Skrillex konnten sich so schon EDM-Produktionen (die für ungeschulte Ohren eher sehr laut und anstrengend wirken) in die Popcharts schleichen.
Die neuesten Songs von Wyclef Jean, Pitbull, sogar Britney Spears und Flo Rida bedienen sich weniger klassischen Hip Hop & Rap Elementen wie zuvor (als sie noch von Pharell und Jermaine Dupri produziert wurden), sondern hören sich an wie eklektische Tanzboden-Kracher.
An dieser Entwicklung beteiligt war allen voran der Electric Daisy Carnival, der nach Las Vegas umgezogen ist und seitdem eines der größten Musikfestivals der Welt darstellt.
An drei Tagen im Jahr pilgern die Fans der EDM-Musik nach Las Vegas, um an dieser speziellen Erfahrung teilzuhaben.
Doch das stößt nicht überall auf Freude. Denn EDM gilt in den Kreisen der Connosseuren elektronischer Musik als absolute Geschmacklosigkeit (vergleichbar mit dem 2000er Hype um den Rock-Rap-Crossover, dessen Anführer die Bands Limp Bizkit und Linkin Park waren).
Und so hat in Las Vegas ein Club eröffnet, der genau diese Geschmacklosigkeit bekämpfen will und das “EDM-Mekka” Las Vegas zumindest in den späten Stunden wieder entsprechend der Elektro-Richtlinien im Rest der Welt erziehen möchte.
Der Club “After” will die konventionellen Afterhours etablieren (also Partys ab 3 Uhr morgens). Hinzu kommen für den DJ Regeln, die eingehalten werden müssen.
Darunter etwa: kein HipHop/Trap/Dubstep, keine Tracks von den bekannten EDM-Namen wie Swedish House Mafia oder Tiesto, keine vorgemischten Sets abspielen, und keine dieser Regeln brechen - denn das bedeutet Rausschmiss für den DJ!
In Berlin sind diese Regeln nicht notwendig, denn die meisten House- und Techno-DJs wissen, wie man sich in kultivierter Rave-Umgebung mit langer Tradition zu benehmen hat.
Die typischen Afterhours in Berlin finden in der Panoramabar oder Tresor statt. Aber fast jeder Club in Deutschland, der elektronische Musik spielt, kann sich eine Afterhour leisten.
Anders als in den USA gibt es keine Nachtruhe, die eingehalten werden muss. Deshalb sind Clubs wie das Berghain oder das Chalet in Berlin so beliebt: sie haben teilweise drei Tage am Stück auf, über die ganze Nacht, und das Publikum kann sich musikalischer Extase erfreuen.
In München ist das Harry Klein ganz vorne mit dabei, wenn es um Locations nach 3 Uhr geht, in Hamburg ist es der Golden Pudel.
Aber: auch in Detroit, New York und Chicago kennt man die typischen Afterhour-Regeln. Las Vegas hat also mit dem EDM-Einzug jetzt die Chance, die Stadt auch für Besucher attraktiv zu machen, die auf gehobene elektronische Musik und glänzende Afterhours stehen - ob Clubs wie das After es schaffen, diese Stimmung umzusetzen, wird man in den nächsten Monaten an Line Up und Resonanz der Besucher sehen.