Kommt hierzulande die Rede auf Schere, Stein, Papier denkt jeder an ein Kinderspiel, bei dem es darum geht, wer Getränke aus dem Keller holt oder beim Fußballspiel einer Schulmannschaft dem Mannschaftskapitän zugelost wird. Im englischsprachigen Raum jedoch ist Schere, Stein, Papier ein veritabler Volkssport, bei dem sogar Meisterschaften mit hohen Preisgeldern ausgetragen werden.
Zwischen 2002 und 2009 wurden jährlich Weltmeisterschaften ausgetragen, ehe der Tod des Präsidenten der World Rock Paper Scissors Society, Wojek Smallsoa, weitere Wettbewerbe verhinderte. Weltweite Turniere gibt es aber weiterhin, wobei sich das Geschehen zunehmend ins Internet verlagert hat. Die Red Bull Roshambull World Online Series jedoch fielen in diesem Jahr nach fünf Austragungen dem Rückzug des Sponsors zum Opfer.
Die historischen Ursprünge von Schere, Stein, Papier gehen bis in die chinesische Ming-Dynastie zurück. Großer Popularität erfreute sich das Spiel auch im Japan des 18. Jahrhundert, ehe es zu seinem weltweiten Siegeszug ansetzte.
Auch in den USA hat Schere, Stein, Papier oder Roshambo (benannt nach einem Soldaten des amerikanischen Bürgerkriegs) eine große Tradition und die Anhänger dieser aus europäischer Sicht merkwürdigen Disziplin würden Roshambo nie als Glücksspiel bezeichnen.
Rein mathematisch mündet das Geschehen bei einer ausreichenden Anzahl von Spielen zwar im Patt, da die Wahrscheinlichkeiten der drei Spielzüge Schere, Stein, Papier sich aufheben, doch sehen Profis durchaus spieltheoretische Vorteile auf ihrer Seite.
Der amerikanische Profi Rafe Furst etwa, der nach eigenen Angaben mit Roshambo Millionen verdient hat, eröffnet jedes Duell mit dem Satz „Ich nehme Stein“ und übt damit großen Druck auf seinen Gegner aus. Wie wird dieser reagieren und welche Schlüsse lassen sich daraus ziehen?
Kontert der Gegner zum Beispiel mit Papier, wird Furst ihn als gutgläubig einschätzen und sein weiteres Spiel darauf aufbauen. Ein Gegner, der Schere nimmt, ist dagegen argwöhnisch und muss anders behandelt werden, während jemand, der Stein nimmt, zunächst eine abwartende Taktik einnimmt und die am schwersten zu knackende Nuss ist.
In langwierigen Matches glaubt Furst jedenfalls, auf diese Weise jeden Gegner durchschauen und damit schlagen zu können. Es geht laut Furst darum, einen Schritt weiter zu denken als der Gegner, und wem dies gelingt, der sei schlicht unschlagbar. Vor allem für Pokerspieler empfiehlt Furst Schere, Stein, Papier als Trainingsprogramm. Auf diese Weise lerne man, sich in den Gegner hinein zu versetzen, sein Spiel abwechslungsreich zu gestalten und möglichst viele Ebenen tief zu denken. Außerdem ließen sich bei Schere, Stein, Papier in sehr kurzer Zeit sehr viele Duelle austragen.
Wer Lust bekommen hat, im Internet einmal sein Können bei Roshambo auszuprobieren, findet eine Vielzahl von Möglichkeiten. Etliche Anbieter haben das Spiel im Programm und bieten kostenlose Turniere an. Wie fast alles kann man Roshambo aber auch um Geld spielen, sollte aber bedenken, dass der Gegner möglicherweise mit einer ausgebufften Strategie aufwartet und mindestens einen Schritt weiterdenkt.