Roulette Geschichte
Blaise Pascal
Ein Spiel praktisch ohne Hausvorteil, eine Zerstreuung, ein Amüsement für eine gelangweilten Aristokratie, dies war die Geburtsstunde des Roulettes.
Der genaue Erfinder des Roulettes ist unbekannt.
Viele schreiben diese revolutionäre Spielidee dem französischen Mathematiker Blaise Pascal zu, der zwar ein namhafter Pionier der Wahrscheinlichkeitsrechnung, nicht aber der Entwickler des Roulettes ist.
Andere Theorien sehen den Ursprung in einem Zahlenspiel in Italien. Immerhin bezeichnete Meyers Konversationslexikon das Große Roulette mit den 38 Zahlen 00, 0, 1–36 noch um 1900 als Italienisches Roulette.
Sicher ist, dass sich Roulette im 18. Jahrhundert als beliebter Zeitvertreib an den Adelshöfen von Frankreich - gegen den vergeblichen Widerstand - von Ludwig XV etablierte.
Napoleon Bonaparte
1806 genehmigte Napoleon Bonaparte offiziell das Glücksspiel in den Spielhäusern des Pariser Palais Royal, und legalisierte dank diesem Dekret auch das Roulettespiel. Der unaufhörliche Siegeszug der kleinen weißen Elfenbeinkugel begann, und seit mehr als dreihundert Jahren suchen Spieler nicht nur ihr Glück und Unterhaltung, sondern auch ihre größte Gewinnchance zu ergründen - und vor allem zu berechnen.
Mit welcher Wahrscheinlichkeit fällt die eine oder andere Zahl, kommt Noir oder rouge, pair oder impair, passe oder manque?
Spieler aus Passion, Gelegenheitsspieler, aber auch einfach nur mathematisch bzw. physikalisch interessierte Roulette-Enthusiasten bemühen sich seitdem inständig Zusammenhänge und Gewinngarantien in Serien, Annoncen, Finalen oder Zahlenkolonnen zu erfassen.
Ihr kreatives Potential ist immens.
Es gibt:
- Mathematische Strategien, in denen Spieler mit Einsätzen in gleich bleibender Höhe – so genannter Masse égale - operieren.
- Mathematische Strategien, in denen der Spieler im Verlustfall erhöhte variable Einsätze -sogenannten Progressionen setzt (Martingale classique, Montante Américaine, Montante Hollandaise, Progression d´Alembert, um nur die bekanntesten zu nennen).
- Physikalische Strategien, mit denen durch im Kessel bedingte technische Unregelmäßigkeiten, aus der geschätzten Geschwindigkeit des Drehkreuzes und der Kugel, oder der unterstellten stets gleichförmigen Wurftechnik des Croupiers Favoriten für bestimmte Zahlen gesucht und bespielt werden.
Einer Strategie nach der anderen tauchte auf. Statistiken wurden erhoben, regelhafte Muster in Formeln gepresst, immer auf der zwanghaften Suche nach der einen, der sicheren Gewinngarantie.
Eine Suche, die bis heute andauert.
Betrügen und Betrüger
„Wenn das Glück sich mir verweigert so erzwinge ich es mir durch Betrug.“ Solch ein Denken in den Casinos bewahrheitet sich nicht als Ausnahme, sondern aufgedeckter Roulette-Betrug bestimmt immer häufiger die Schlagzeigen diverser Zeitungen.
Monte Carlo, Bad Kissingen, Stuttgart, Duisburg, Hamburg, Bad Dürkheim oder Lugano überall wurden in den letzten Jahren dreiste Betrügereien in den Casinos aufgedeckt, und stets waren neben den Spielern auch einige Croupiers involviert.
Eine Begründung für die massiv steigende Anzahl der Betrugsvorfälle wird vor allem in der immer weiter fortgeführten Umstellung von Französischen auf Amerikanische Roulettetische (nicht zu verwechseln mit Amerikanischen Roulette – in Europa wird auch an den Amerikanischen Roulettetischen mit nur einer 0 gespielt) angesehen.
Der Unterschied: im Gegensatz zu den glamourösen französischen Roulettetischen, an denen in einem Team mindestens 4 Croupiers arbeiten. Tischcroupier – Saladier – Kopfcroupier – Wurfcroupier, (detaillierte Ausführungen zu deren Aufgaben finden Sie in unserem Blogbeitrag: Die Irrtürmer 3: Der Croupier, Teil der Roulettemechanik) arbeiten an den amerikanischen Roulettetischen in einem Team nur 2 Croupiers.
Beabsichtigen die Croupiers zu betrügen, gibt es dementsprechend weniger Mitwisser. Die Spieler sind dazu geiziger geworden. Ein Trinkgeld wird zwar gewünscht, ist aber nicht verpflichtend. Der Tronc (Trinkgeldkasse), aus dem die Gehälter der Croupiers beglichen werden, reicht nicht mehr aus um vier Croupiers zu entlohnen. Gleichzeitig impliziert dieser Rückgang insgesamt niedrigere Gehälter für die Croupiers. Ein Umstand, der die Bereitschaft zu betrügen fördert.
Die bevorzugten Varianten der betrügerischen Zusammenarbeit zwischen Spieler und Croupier sind:
Die Croupiers gewähren dem Spieler die Möglichkeit nach dem Fall der Kugel schnell noch Jetons auf die Gewinnfelder zu verschieben oder Verlustjetons zu entfernen. (Lesen Sie hierzu auch: Gerichtsverfahren gegen Stuttgarter Croupiers)
Die Annonce
Bei einer sogenannten Annonce überreicht ein Spieler dem erhöht sitzenden Chef Croupier einen Zettel, auf dem die Nummer oder die Serie, die er setzen möchte, vermerkt ist, sowie den zu setzenden Betrag in Chips. Die Vorschrift verlangt, dass die Annonce laut verkündet und von dem Chef Croupier wiederholt werden muss. Bei beabsichtigtem Betrug gibt der Chefcroupier die sich in seiner Hand befindliche Annonce nicht vor dem Spiel, sondern erst nach dem Spiel bekannt.
Er wählt dabei eine Bekanntgabe nur, wenn die Kugel einen Gewinn erzielt. Hier muss auch noch der Zahlcroupier kooperieren, der den Gewinn, den Spieler auszahlt, bei Verlust die Chips aber stehen lässt.
Um weitere Betrügereien zu begrenzen, gehen die Casinos gegen diese Methoden jetzt mit High Tech und einem neu entwickelten Kamerasystem vor.
Alle diese Betrügereien belegen keine besondere Intelligenz sondern nur Gier. Es gibt aber auch diese kleinen amüsanten Geschichten von berühmten Roulette-Betrügern, die den Nimbus des Roulettespiels mit begründen.
Charles Deville Wells
Charles Deville Wells
Im Jahre 1863 erhielt der französische Mathematiker und Finanzier François Blanc eine 50-jährige Konzession für den Betrieb der Spielbank von Monte Carlo.
In dieser Funktion war Blanc im Grunde genommen begeistert über jeden Zeitungsbericht, den die Nachricht über einen neuen sensationellen Roulette-Gewinn auslöste.
Das war die wirksamste Publicity, die er sich nur vorstellen konnte. Die größte Story schlechthin wäre es gewesen, wenn es einem Spieler gelingen würde, “die Bank zu sprengen”.
Dieser Ausdruck entstammt dem französischen “Faire sauter la banque” – die Bank brechen. Um die Bank zu brechen bzw. zu sprengen, müsste ein Spieler mehr Chips gewinnen, als auf dem Tisch liegen. In diesem Fall sah die Regel vor, ein schwarzes Tuch über den Tisch zu legen, bis Ersatz-Chips gebracht werden.
Allerdings hatte es zur damaligen Zeit kein Spieler jemals geschafft, auch nur in die Nähe eines Gewinns zu kommen, der die gesamten Reserven des Casinos beanspruchen würde.
Bis im Juli des Jahres 1891 ein gewisser Charles Deville Wells das Casino de Monte Carlo mit den £ 4.000 betrat, um die er kurz zuvor gutgläubige Investoren betrogen hatte. Seine Geldgeber dachten, sie hätten in ein “musikalische Springseil” investiert.
In einer Elf-Stunden-Sitzung sprengte Wells die Bank zwölf Mal und gewann insgesamt eine Million Französische Francs. In der intensivsten seiner Glückssträhnen gewann er bei 30 aufeinander folgenden Ziehungen insgesamt 23 Mal. Im November des gleichen Jahres kehrte Wells wieder zurück nach Monte Carlo – und gewann wieder. Während dieses Besuchs machte er eine weitere Million Francs in drei Tagen.
Ihm gelang u.a. die erfolgreiche Wette auf die Nummer “5″, die tatsächlich in fünf aufeinander folgenden Ziehungen kam. François Blanc setzte mehrere Privatdetektive auf ihn an, die allerdings keinerlei Unregelmäßigkeiten entdecken konnten. Das Misstrauen von Blanc kam nicht von ungefähr, er selbst war schließlich auch kein Kind von Traurigkeit. Sein erstes Vermögen verdiente Blanc mit Insidergeschäften an der Pariser Börse. Durch Beamtenbestechung war er bereits im Vorfeld über Kursschwankungen informiert und nutzte diesen Informationsvorsprung geschickt aus.
ells selbst versicherte auch später immer wieder, es hätte sich tatsächlich um eine Glückssträhne gehandelt. Das von ihm gespielte System war schlichtweg das von mir schon häufig geächtete Martingale System: die fortwährende Verdopplung des Einsatzes, um Verluste auszugleichen. Wells war hauptberuflich ein brillanter Ingenieur, der u.a. ein Verfahren erfand, den Verbrauch von Dampf-Schiffen zu senken. Hinzu kam, dass er über ein hohes Maß an Überzeugungskraft verfügte. So überredete er immer wieder wohlhabende Leute, in seine Erfindungen zu investieren.
Im Winter 1892 reiste Wells mit seiner Geliebten auf einer großen dampfbetriebenen Yacht erneut nach Monte Carlo. Wells erklärte seinen Geldgebern, dass er die Yacht benötigte, um seine Erfindung zu testen. Im Monte Carlo angekommen sprengte Wells die Bank weiter sechs Male. Doch dann verlor er sein gesamtes Geld und bedauerlicherweise auch das Geld seiner Investoren. (Ein Happy End wäre ja auch zu schön gewesen.) Diese hatten ihm teilweise sogar noch zusätzliches Geld angewiesen, damit Wells – wie er vorgab – seine Erfindung reparieren könne.
Wells wurde in Le Havre festgenommen und nach England ausgeliefert. In Old Bailey wurde Wells des Betrugs für schuldig befunden und zu acht Jahren Gefängnis verurteilt. Später kassierte Wells drei weitere Jahre Haft wegen Betrugs. Die nachfolgende Emigration nach Frankreich brachte ihm auch nicht das erhoffte neue Leben. In seinem neuen Heimatland wurde er wegen Betrugs erneut zu fünf Jahren Haft verurteilt.
Im Jahre 1926 verstarb Wells völlig verarmt in Paris. Im Jahr 1935 gab es einen Film namens “The Man Who Broke der Bank in Monte Carlo”, und im Jahr 1983, schrieb Michael Butterworth ein Buch mit dem gleichen Namen.
Richard Marcus
Richard Marcus
Mit seinem großen (fragwürdigen) Talent ist es Richard Marcus gelungen, sich zu einer lebenden Legende unter den Casinobetrügern zu erheben. Im Laufe seiner Karriere erleichterte er die Casinos um mehr als 5 Millionen Dollar.
Man kennt den Satz: Zwischen Genie und Wahnsinn verläuft nur ein schmaler Grat. Ähnliches gilt auch für einen brillanten Spieler und einen brillanten Schwindler.
Beide verfügen über vergleichbare Fähigkeiten. Sie beherrschen das Spiel perfekt, sind intelligent und risikobereit, besitzen ein exzellentes Nervenkostüm und gehen kalkuliert in gefährlichen Situationen vor.
Besonders wichtig aber, sie wissen, wann sie sich zurückhalten und besser verzichten sollten. Deshalb ist es nicht überraschend, dass Richard Marcus, bevor er seiner Berufung als Betrüger folgte, auch ein ausgezeichneter Spieler und Dealer war.
Gleich vorweg, auch Richard Marcus wurde schließlich überführt und verurteilt. Dennoch traut er auch heuteden Anti-Betrugsmaßnahmen der Casinos nur wenig zu. Wie folgende seiner Statements belegen.
„Es gibt keine einzige lebende Person, die von einem Wiedererkennungssystem gefangen wurde. Dazu muss man nicht einmal einen falschen Bart oder eine blaue Brille aufsetzen. Das System ist nicht besser, als die Menschen, die es bedienen.“
„Es ist nur eine Frage der Zeit, bis den Schwindlern eine Methode eingefallen ist, um die Signale auf den Jetons zu manipulieren und den Croupier damit hineinzulegen.“
„Die Technologie kann den Betrug nicht schlagen. Ich werde zu jeder Zeit in ein Casino gehen, eine meiner Betrugsnummern durchziehen können und wieder hinausgehen, bevor sie erkannt haben, dass sie dermaßen angeschmiert wurden, dass es wehtut.“
Jetzt aber zu einem seiner erfolgreichsten Tricks, den er nach einer ihm bekannten Stripperinals„Savannah-Trick“ benannte.
Bei „Savannah“ legte Marcus drei rote 5-Dollar Jetons in einem Stapel auf den Roulettetisch. Das war ein so geringer Einsatz, dass der Croupier ihn kaum eines Blickes würdigte. Sollte Marcus aber gewinnen, sprang er von seinem Platz auf und begann seine Freude laut zu artikulieren.
Wenn nun der Croupier, verwundert über die Freude, die ein so lächerlicher Gewinn auslösten, seine Aufmerksamkeit auf Marcus richtete, deutete dieser auf seinen Stapel mit den 5-Dollar Jetons und sagte: „Ja ja, Mister, das ist ein brauner Jeton unter dem rotem hier“. Dem war nun wirklich so. Hob der Croupier die drei Jetons hoch, fand er darunter einen braunen Jeton im Wert von 500 Dollar.
Der Croupier war nicht getäuscht worden - der braune Jeton hatte bloß die ganze Zeit unter den drei roten Jetons gelegen. Die roten Jetons waren jedoch gestapelt und ein wenig weiter vorgeschoben, als der braune Jeton. Damit wurde der braune Jeton für den Croupier nicht mehr sichtbar.
Gab es auf den Einsatz im Gegensatz dazu jedoch keinen Gewinn für Marcus, gelang es ihm mit einem geschickten, schnellen Handgriff den braunen Jeton in dem Moment, in dem der Croupier in den Roulettekessel blickte, um die Gewinnerzahl zu sehen, gegen einen roten 5 Dollar Chip auszutauschen. Durch die geringen Werte beachtete der Croupier diesen Stapel nicht so detailliert, und selbstverständlich hatte Marcus auch die Croupiers vorher auf ihre Eignung für diesen Trick überprüft und abgeschätzt.
Die Croupiers besaßen nur wenige Chancen diesen Trick zu durchschauen, da die kleine Verschiebung der Jetons eine eindrucksvolle optische Täuschung verursachte.