Rauschmäßig wird das Ego am Pokertisch gefordert! Das einzige was jetzt noch zählt ist zu gewinnen. Und Gewinner ist der, der am Ende die meisten Chips in den Händen hält.
In jedem Live Spielcasino der Welt müsst ihr zuerst die Chips mit realem Geld einkaufen. Warum muss ich überhaupt mein Geld gegen Jetons wechseln, warum kann ich dann nicht gleich mit Bargeld spielen? Der Grund hierfür ist ganz einfach! Es fällt einem viel leichter Chips - als Bargeld zu setzen!
Die psychologische Veränderung beginnt schon an der Kasse. So klein, Spielgeld, es besteht kein Bezug mehr zum realen Wert. Chips verleiten einen sofort dazu leichtsinniger mit diesen umzugehen.
Jetons kann ich zwar besser stapeln und zählen, aber sie entfernen einen normalen Menschen von den tatsächlichen Kaufwerten. Diese Wandlung in der Wahrnehmung des Geldes steigert sich mit jeder Minute, die man am Spieltisch verweilt. Mein Gegner wirft einen blauen Jeton auf den Tisch. Ein kurzer Blick von mir, die Zahl wird registriert - 25.000 Euro.
Meine Karten sind gut genug und ich gehe mit. Expected Value, Pot Odds und Outs werden von mir berücksichtigt, aber ich verschwendet keinen einzigen Gedanke daran, welche Wünsche ich mir mit diesem Geld sonst alle erfüllen könnte. Es sind nur Chips, abstrakt!
Völlig, wirklich völlig anders wäre meine Einschätzung, wenn ich zu diesem Moment fünfzig 500 € Scheine aus meiner Tasche holen, und in den Pott schmeißen müsste. Der wahre Wert meiner Chips wird mir erst wieder bewusst, wenn ich sie an der Kasse gegen Bargeld zurücktausche.
Noch extremer gestaltet sich diese Psychologie einer Wertewandlung beim Online-Poker. Nachdem ich mit meiner Kreditkarte oder einer Banküberweisung mein virtuelles Guthaben aufgefüllt habe, gibt es nicht einmal mehr Chips, sondern nur noch ein Symbol, welches die Chips repräsentiert. Mittels virtuellen Zahlen die Disziplin zu besitzen den Wert des Geldes zu respektieren, ist noch schwieriger. Ein Entfremdungsprozess, an dem jedes Online-Casino glänzend profitiert.
Einen Entfremdungsprozess durchläuft auch jeder Fußballberater. Nicht, dass er sein Bewusstsein für den realen Wert von Geld verliert. Nein, das Streben nach immer höheren und schnelleren Transfererträgen intensiviert sich eher mit den Jahren. Was ihm aber abhandenkommt ist die Klarheit, dass es sich bei Fußballern um Menschen mit Gefühlen und keine reine Ware handelt.
Bei den wertvollsten Spielern, denjenigen die sich dank ihrer überragenden Fähigkeiten mehr oder weniger von selbst verkaufen, leistet sich der Berater noch den Luxus, dessen persönlichen Befindlichkeiten geistig zumindest in Betracht zu ziehen.
Diese Millionentransfers beschenken zwar die Betriebskasse mit ansehnlichen Summen, sind dafür aber auch seltener. Das Alltagsgeschäft dealt mit Spielern in der Preisklasse zwischen 300.000 € und 600.000 €. Mit Ausnahme der Spitzenvereine aus Spanien, Italien, Frankreich, England, Deutschland oder seit einigen Jahren verstärkt Russland, stehen den Clubs selten höhere Summen zur Verfügung. Ein Markt der heiß umkämpft ist, und in dem für jede ausgeschriebene Position mindestens 30 – 40 nahezu gleichwertige Spieler von den verschiedenen Agenturen offeriert werden. Hat sich dann ein Club für meinen Spieler entschieden, interessiert es mich ein Dreck ob irgendwelche familiären oder anderweitigen emotionale Motive bestehen, die ihm wichtiger als dieser Vertrag sind. Er wird manipuliert, belogen, Attraktionen erfunden, Hauptsache er unterschreibt. Auf diese Weise haben wir versucht einen farbigen Brasilianer nach Novosibirsk zu locken, auch wenn ihn in dem kalten Sibirien seine Mentalität in einem Tal des Jammerns hätte versinken lassen.
Sein, und nicht unser Problem! Das Leben ist keine Symphonie des Glücks. Der Transfer ist dann zwar gescheitert, aber nur weil der Spieler sich kurz vor der Unterzeichnung des Vertrages noch verletzte und Novosibirsk von einer Verpflichtung absah.
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